Wie mir ein Film half, den Technikschrott-Berg nicht noch zu vergrößern | Gastbeitrag

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Frau Momo

Dies ist ein Gastbeitrag von Barbara Bünger aus der Schweiz – vielen besser bekannt als Frau Momo, denn als solche bloggt sie und twittert sie über ihren Minimalismus. Es ist also eine Ehre, dass sie uns ihre Gedanken für eine Veröffentlikchung in der Minima Muse aufgeschrieben hat. Was den Artikel so besonders macht? Die Ehrlichkeit einer gestandenen Minimalistin in Bezug auf die Verführbarkeit zum Konsumpf! Und ihr Erfolg des Widerstehens…

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Mich im Alltag wieder auf meine Werte einnorden

Mein jüngster Prüfstein in Sachen Minimalismus bildet ein Frust-Erlebnis mit meinem Laptop. Frohenmutes setze ich mich an meinen Schreibtisch und möchte Canva ausprobieren. Canva ist ein kostenloses Online-Tool zur Erstellung und Bearbeitung von Bildern und Grafiken. Ich habe in einigen Blogs wahre Lobeshymnen über die zahlreiche Möglichkeiten und die einfache Bedienung von Canva gelesen und nun soll auch mein Blog mit Canva hübscher & aussagekräftiger werden.

Die nächsten drei darauffolgenden Stunden kurz zusammengefasst: Canva klappt nicht, fragt nach einem aktuelleren Browser. Aktuellerer Browser klappt nicht, weil mein Betriebssystem zu alt ist. Neues Betriebssystem klappt nicht, weil mein Laptop zu alt ist. Ergo: kein Canva.

Das ist der Moment, in dem ich total genervt das gesamte Sündenregister meines Laptops ziehe: All die gefühlten Ewigkeiten, in denen ich mit ungeduldig auf die Tischplatte trommelnden Fingern dasitze und darauf warte, dass er in die Puschen kommt. Und seine Total-Ausfälle, wenn er sich mimosenhaft überfordert fühlt und im Starremodus verharrt! Das launische integrierte DVD-Laufwerk, das das Ansehen von DVDs zur reinen Glückssache werden lässt. Das ist vor allem dann ganz entzückend, wenn ich einen DVD-Abend geplant habe.

Und so ertappe ich mich dabei, wie ich mich bei Technikmärkten über die Preise neuer Laptops informiere …

In diesem Frustrausch erinnere ich mich an den Film „The story of stuff“ von Annie Leonard, auf den ich über die Utopia AG aufmerksam geworden bin. Und sofort wird mir klar: Ich möchte nicht dieser Konsum-Mentalität zu erliegen, nach der alles auf der Stelle zugänglich, alles nach Plan klappen und auf dem neusten Stand der Dinge sein muss. Ich möchte nicht den Berg des Technikschrotts mal eben mit einem Gerät vergrößern, das im Grunde funktioniert und mir vieles ermöglicht: Die Gestaltung meines Blogs, kostenlose Skype-Telefonate in die Heimat, das Schreiben dieses Beitrages, und und und

„The Story of Stuff“ zeigt eindrucksvoll auf, warum es bei der gegenwärtigen Art und Weise des Produzierens, des Konsums und der Entsorgung langfristig nur Verlierer gibt. Im Abschnitt über Konsum stellt Annie Leonard dar, wie die Nachfrage nach dem neusten technischen Zeugs bewusst erzeugt wird und die Müllberge wachsen lässt. Der Film dauert ca. 20 Minuten. Ich finde, er braucht ein wenig Anlauf-Zeit, bis er an Fahrt gewinnt, aber es lohnt sich absolut, ihn anzusehen.

Die Erinnerung an den Film rückt mir meinen Kopf wieder zurecht und meine Sicht der Dinge wieder ins Verhältnis. So ein Reminder tut gut und ist heilsam! Meinen Blog gestalte ich auch ohne Canva aussagekräftig und schön. Und das Glücksspiel in Sachen DVD-Abend trainiert meine Flexibilität.

Ich bin wieder auf Kurs.

Wie besinnst du dich in alltäglichen Frustsituationen auf das Wesentliche?

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12 Gedanken zu “Wie mir ein Film half, den Technikschrott-Berg nicht noch zu vergrößern | Gastbeitrag

  1. Am Anfang meiner Selbstständigkeit, als ich noch dachte, ich müsste perfekt sein – jaja – hab ich mir 2 Programme gekauft. Hab sie nicht installiert und wieder verkauft. Und beschlossen, dass ich mein Leben nicht mehr mit Technik verbringen will. Je mehr Technik ich hatte, desto mehr Technikprobleme hatte ich. Und den Müllberg nicht zu vergessen.

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    • Ja, so ist das. Je mehr Technik, um so mehr Technik-Probleme, je mehr Besitz, um so mehr Besitz-Probleme und so fort. Es lohnt sich, sich bewusst für die Art von Problemen zu entscheiden, die man in sein Leben holt.

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    • Ich habe mir dieses Jahr einen neuen PC gekauft. Nachdem ich immer Gebrauchte hatte, wollte ich unbedingt einen neuen, eigenen. Ich freue mich über ihn, aber letztlich ist er doch nicht soooo toll, wie ich dachte und: Ich schämte mich. Weil ich dachte: Mist, hätte doch nicht sein müssen. Nächstes Mal kaufe ich gebraucht oder versuche mir im Freundes-/Bekanntenkreis einen gebrauchtes zu besorgen. Hoffe erstmal, dass mein Laptop hält…
      Handy nutze ich immer bis es kaputt ist. Das bedeutet mir nichts. Schreibe nur SMS und telefoniere damit. Fernsehen habe ich nur, weil mein Mann den hat. Wenn der kaputt ist, würde ich am Liebsten keinen neuen haben wollen.

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    • Danke Robert! Gelten diese Massnahmen auch für ein Apple-Book? Ich sage zwar immer „Laptop“, es ist genau genommen aber ein Apple-Book. Zumindest bin ich jetzt mal auf die Idee gekommen, beim Apple-Service nachzufragen, ob die so etwas wie eine Wartung anbieten.

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  2. Zu diesem Thema finde ich die Dokumentation von Arte “ Kaufen für die Müllhalde“ sehr spannend. Es ist eine Dokumentation über geplante Obsoleszenz und die Folgen unseres Konsums für andere Länder.Sehr spannend aufbereitet, mit interessanten Beispielen von den ersten geplanten Obsoleszenzen Anfang des letzten Jahrhunderts. Besonders mitgenommen hat mich die Erkenntnis das wohl fast alle Produkte künstlich mit einem Enddatum versehen werden nicht nur die offensichtlichen wie Drucker. Vollständige Version der Dokumenation gibt es auf Youtube http://youtu.be/rX_y11vgb4E.
    Liebe Grüsse
    Sarah

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